Im ersten Teil habe ich die grandiosen Funktionen der erweiterten Retourenabwicklung grob erklärt. Die Steuerung der Folgeaktionen auf Positionsebene und die automatisierte Anlage von Folgebelegen wie Lieferungen, Wareneingangsbuchungen oder auch Faktura-Anforderungen ist sehr genial gelöst. So machen selbst Retouren richtig Spaß. Allerdings schlagen zwei Herzen in der Brust der erweiterten Retourenabwicklung. Der zweite wichtige Bestandteil ist die Materialinspektion. Da beim Sichern der Materialinspektion gleichzeitig eine Vielzahl von automatisierten Folgeaktionen angelegt und auch weitere Prozesse gestartet werden können, die alle miteinander verknüpft und transparent laufen, ist das Multitasking auf höchstem Niveau.
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Gestartet wird die Materialinspektion mit der Transaktion MSR_INSPWH, nachdem der Wareneingang für retournierte Ware erfolgt ist. Über ein Einstiegsbild, in dem Voreinstellungen bezüglich der Listanzeige eingestellt werden können, gelangen Sie auf das Hauptbild. Dort sind die Lieferungen gemäß den Auswahlkriterien in einer Ordnerstruktur aufgelistet.
Auf Kopfebene können Eingaben durchgeführt werden, die für alle Positionen gelten. Auf Ebene der einzelnen Positionen lässt sich hier unglaublich einfach eine Vielzahl von Folgeaktionen einstellen und automatisiert durchführen. Viele Felder sind bereits mit Vorschlagswerten aus dem Beleg des erweiterten Retourenauftrags vorbelegt.
Die Einstellungen sind in fünf logische Bereiche aufgeteilt:
- Grunddaten: Übernahme der Materialdaten, der Angabe des Grunds der Retoure und die gewünschte Rückerstattungsart. Diese Daten kommen aus dem Retourenauftrag.
- Inspektionsergebnis: Eingabe der Daten zur Inspektion. Über einen Inspektionsschlüssel können unterschiedliche Folgeaktionen zur Verfügung stehen. Mengeneinheiten und ggf. Umrechnungsfaktoren können ebenso berücksichtigt werden wie der Kommentar, der in einem Freitextfeld eingegeben wird.
- Logistische Folgeaktion: Hier können Einstellungen darüber getätigt werden, was im Anschluss mit dem Material passieren soll. Es können zum Beispiel Umbuchungen in andere Bestände oder auch Werke und Lagerorte eingestellt, die Verschrottung eingeleitet, eine Reparatur beauftragt oder an den Lieferanten zurückgesendet werden. Alle unterschiedlichen Belegarten und Prozesse werden dann automatisiert angelegt bzw. gestartet. Auch Lieferantenretouren werden hier eingestellt und alle erforderlichen Belege automatisch erstellt.
- Ersatz: Einstellungen über Ersatzlieferungen an den Kunden: Die frei verfügbare Menge des eingestellten Materials wird angezeigt, das Material kann geändert werden (etwa wenn es mittlerweile ein Nachfolgematerial gibt).
- Rückerstattung: Freigabe der Gutschriftanforderung und Höhe der Rückerstattung können eingestellt werden. Die Fakturasperre wird bei Freigabe direkt entfernt und die Fakturaanforderung somit beim nächsten Fakturalauf automatisch fakturiert.
Nicht nur die sinnvolle Aufteilung der Materialinspektion ist einfach und selbsterklärend umgesetzt, auch ist es möglich, eine Retourenübersicht anzuschauen, in der genau zu erkennen ist, welche Belege erledigt sind und wo eventuell noch etwas zu tun ist (oder vielleicht sogar ein Fehler passiert ist). Damit ist ein Höchstmaß an Transparenz im gesamten Prozess gewährleistet.
Im oberen Bereich sind alle Positionen des Retourenauftrags aufgeführt. Durch den Status ist direkt ersichtlich, ob der komplette Prozess vollständig ist oder nicht. Sollte der Prozess zwar komplett durchgebucht sein und die Gutschrift noch fehlen, weil der Fakturierungslauf noch nicht durchgeführt wurde, wäre hier eine gelbe Ampel zu sehen, bei der Position eine blaue Raute. Diese zeigt an, dass lediglich der Beleg noch nicht angelegt wurde.
Im unteren Bereich ist eine Auflistung aller Aktionen zur markierten Position. Über die Belegnummern kann direkt in den entsprechenden Beleg abgesprungen werden.
Im Belegfluss der erweiterten Retourenabwicklung ist der Vorteil noch wesentlich deutlicher sichtbar. Für all diese Belege wurden vier Transaktionen durchgeführt:
- Anlage erweiterter Retourenauftrag (VA01): Lieferung und Wareneingang in den Sperrbestand automatisch angelegt bzw. verbucht.
- Materialinspektion (MSR_INSPWH): Ersatzlieferung, Gutschriftanforderung und Bestandsbuchungen wurden automatisch erstellt.
- Faktura (VF01): Nur für das Bespiel händisch angelegt. Die Fakturaanforderung befindet sich freigegeben im Fakturavorrat und würde bei einem Fakturierungslauf automatisch erstellt werden.
- Kommissionierung Ersatzmaterial und Warenausgangsbuchung (VL02N): Kein zusätzlicher Aufwand, normaler betrieblicher Ablauf für Auslieferungen wird durchlaufen.
Fazit
Die erweiterte Retourenabwicklung mit der Materialinspektion ist ein äußerst starkes Tool, wenn es darum geht, Reklamations- und Retourenprozesse transparent, übersichtlich und effizient zu gestalten. Weitere Folgeaktionen wie die Werkstattreparatur oder die externe Reparatur können ebenfalls hierüber angestoßen und gesteuert werden.
Das Beste daran ist, dass dieses erstaunliche Tool ab SAP ECC6.0 EHP4 im Standard bereits integriert ist und somit lediglich für das Einrichten geringe Kosten anfallen. Die Ersparnis, die durch die Effektivität gegenüber der „normalen“ Retourenabwicklung immens ist, bringt jedoch dauerhaft Vorteile.
Im dritten Teil des Blogbeitrags werde ich näher auf die erweiterte Retourenabwicklung in SAP S/4HANA mit SAP Fiori Apps eingehen.