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Programmplanung SAP

News & Wissen Schritt für Schritt: SAP S/4HANA-Produktionsprogrammplanung

Programmplanung: Was genau ist das? Wie schafft man in SAP S/4HANA die Voraussetzungen dafür? Welche Aufgaben sind damit verbunden? Und warum ist es besser als Excel? All diese Fragen beantworte ich in diesem Blogartikel.

Einordnung & Prozessübersicht der Programmplanung

Als das generelle Ziel der Programmplanung wird die Festlegung bzw. Vorplanung von Bedarfsmengen und den dazugehörigen Lieferterminen der nächsten Perioden verstanden. Die Programmplanung kann in diversen Situationen ein hilfreiches Tool zur Vorplanung sein, beispielsweise bei einer:

  • langen Fertigungszeit im Verhältnis zur marktüblichen Lieferzeit, sodass Baugruppen vorgefertigt werden müssen, bevor ein Kundenauftrag vorhanden ist
  • Jahresproduktionsplanung zur Unterstützung des Abschlusses von Jahreskontrakten für den Rohstoffeinkauf
  • systemgestützten Langfristplanung mit unterschiedlichen und vergleichbaren Planungsszenarien

Neben den manuell pflegbaren Planprimärbedarfen kann die Programmplanung zur Erstellung des Produktionsprogramms auch Kundenbedarfe und weitere Elemente, wie beispielsweise Umlagerungsbestellungen, verwenden und in den Programmplan einfließen lassen bzw. miteinander verrechnen.

Der Begriff „Primärbedarf" wird in der Planung zur Beschreibung aller verkaufsfähigen Erzeugnisse genutzt. Als Grundlage für die zu pflegenden Planprimärbedarfe können beispielsweise vorliegende Aufträge oder Absatzprognosen herangezogen und verwendet werden.

Zur Erstellung eines Produktionsprogramms auf Basis von Primärbedarfen muss für ein Produkt eine Planungsstrategie festgelegt sein. Die Auswahl der Planungsstrategie erfolgt auf Basis der betriebswirtschaftlich sinnvollen Vorgehensweise für die Planung / Produktion oder Beschaffung des Materials. Mit der Strategieauswahl wird in SAP definiert, ob ein Erzeugnis beispielsweise als Make-To-Stock oder Make-To-Order produziert wird.

Abbildung 1: Prozessübersicht der Programmplanung

Planungsstrategien

Ausgewählte Planungsstrategien

Wie in der Prozessübersicht beschrieben, stellt die Planungsstrategie den betriebswirtschaftlichen Anwendungsfall der Planung dar. Hierbei sind zahlreiche Optionen in SAP vordefiniert, um variable Strategien - von Kundeneinzelfertigung bis zur anonymen Lagerfertigung - auszuprägen.

Die Pflege der Planungsstrategie (auch Strategiegruppe) wird im Materialstamm der Dispositionssicht 3 im Bereich Vorplanung durchgeführt und setzt eine plangesteuerte Disposition (PD) in der Dispositionssicht 1 voraus. Nachfolgend wird kurz auf eine Auswahl der am weitest verbreiteten Planungsstrategien eingegangen.

Abbildung 2: F4-Hilfe der Planungsstrategiegruppen in SAP

  • Anonyme Lagerfertigung – Planungsstrategie 10

Unter „anonyme Lagerfertigung“ versteht man ein Planungsszenario, in dem der Gesamtumfang der Planung ausschließlich auf den Planprimärbedarfen basiert. Kundenaufträge sind für diese Art der Strategie somit nicht bedarfswirksam und setzen voraus, dass Produkte bereits auf Lager produziert sein müssen, damit ein Kunde sie kauft.

Die Lagerfertigung wird beispielsweise häufig in der Konsumgüterindustrie angewandt.

  • Kundeneinzelfertigung – Planungsstrategie 20

Im Gegensatz zur Lagerfertigung setzt die Kundeneinzelfertigung auf das komplette Gegenteil. Hierbei ist erst ein spezifischer Kundenauftrag notwendig, um in der Planung als Bedarf sichtbar zu sein und eine entsprechende Fertigung auszulösen.

Im Umkehrschluss bedeutet das, dass keine Planprimärbedarfe erzeugt werden. Es wird je Kundenauftragsposition geplant. Im Nachgang können zusätzlich dedizierte Kundeneinzelabschnitte angelegt werden, um Produkte von unterschiedlichen Kunden voneinander unterscheiden zu können.

Typische Anwendungsfälle sind im Bereich der konfigurierbaren Produktion anzutreffen, wie beispielsweise der Automobilindustrie.

  • Vorplanung mit Endmontage – Planungsstrategie 40

Die womöglich am häufigsten anzutreffende Form der Lagerfertigung ist die Vorplanung mit Endmontage. Hinsichtlich vieler Aspekte gleicht sie der Lagerfertigung, jedoch bezieht sie zusätzlich Kundenaufträge als bedarfsrelevante Elemente in die Planung mit ein.

Um die Fertigung doppelter Mengen zu vermeiden bzw. den Produktionsplan an die aktuelle Bedarfssituation anzupassen, werden die Kundenaufträge mit den Planprimärbedarfen in unterschiedlichen Varianten verrechnet.

Der entscheidende Vorteil dieser Strategie - im Gegensatz zur anonymen Lagerfertigung - ist die Flexibilität, sodass in der Fertigung und Beschaffung schnell und dynamisch auf tatsächliche Kundenanforderungen reagiert werden kann.

  • Vorplanung ohne Endmontage – Planungsstrategie 50

Die Vorplanung ohne Endmontage stellt im Grundsatz eine Kundeneinzelfertigung dar und ist wohl die am meisten verbreitete Strategie im Feld der kundenauftragsbezogenen Fertigung.

Die Besonderheit dieser Planungsstrategie besteht darin, dass Planprimärbedarfe - im Gegensatz zur Planungsstrategie 20 - als bedarfsrelevante Mengen betrachtet werden, deren Wirksamkeit sich jedoch nur in allen vorgelagerten Stufen auf Produktion und Beschaffung auswirkt. Das bedeutet, dass alle Produktstufen - bis auf die Endmontage bzw. das Endprodukt - mit Bedarfen, ausgelöst aus Planprimärbedarfen, produziert und beschafft werden - ähnlich der Vorplanung mit Endmontage. Einzig die letzte Fertigungsstufe wird nur dann ausgelöst, wenn ein expliziter Kundenauftrag in SAP vorhanden ist.

Die entscheidenden Vorteile dieser Strategie sind: die Reduktion der Kapitalbindung, wenn ein Großteil des Wertschöpfungsprozesses im Endprodukt stattfindet, sowie die Vermeidung von Lieferverzögerungen und die Darstellung von realitätsnahen Bedarfen der verwendeten Rohstoffe, z. B. für Jahreskontrakte.

Verrechnungslogiken

Wie im vorherigen Kapitel geschildert, werden Bedarfe in einzelnen Planungsstrategien mit Planprimärbedarfen (geplanter Bedarf) als temporäre Platzhalter angelegt, um im Nachgang von Kundenaufträgen (realer Bedarf) abgelöst bzw. abgebaut zu werden (Planungsstrategie 40 & 50) – dieser Vorgang wird in SAP als „Verrechnung" bezeichnet.

Für den Abbau von Planprimärbedarfen ist es zwingend notwendig, entsprechende Verrechnungslogiken zu hinterlegen, um doppelte Bedarfe zu vermeiden. Der Verrechnungsmodus sowie das Intervall der Verrechnung wird ebenfalls in der Dispositionssicht 3 gepflegt.

Um die Verrechnung zu aktivieren, ist hierzu einerseits der Verrechnungsmodus anzugeben, der vorgibt, wie - ausgehend vom Bedarfsverursacher - die Reihenfolge der Planprimärbedarfe für den Abbau definiert wird. Beispielhaft kann hinterlegt werden, dass zunächst Planprimärbedarfe aus der Vergangenheit für die Verrechnung verwendet und erst im Anschluss die Planprimärbedarfe in der Zukunft abgebaut werden.

Abbildung 3: Materialstamm Disposition 3 Vorplanung

Abbildung 4: Materialstamm Disposition 3 Vorplanung Verrechnungsmodus

Andererseits ist ein Intervall anzugeben, das aussagt, wie viele Tage der Vergangenheit bzw. Zukunft betrachtet werden, um einen Planprimärbedarf zu finden, der für die Verrechnung in Frage kommt. Gepflegt werden diese Tagesdaten in den Feldern für die Verrechnungsintervalle. Abhängig von der jeweiligen Granularität der Planprimärbedarfe ist darauf zu achten, dass die Verrechnungsintervalle nicht zu eng gewählt werden, um eine Überproduktion, ausgelöst durch nicht verrechnete Planprimärbedarfe, zu verhindern.

Grundsätzlich sind für die Verrechnung von Planprimärbedarfen Kundenaufträge, Reservierungen und Sekundärbedarfe möglich und können berücksichtigt werden. Sind weitere Bedarfsverursacher relevant, wie beispielsweise Umlagerungsbestellungen in Distributionswerken, können diese ebenfalls für die Verrechnung aktiviert werden.

Planungsstrategien und Bedarfsklassen

Grundvoraussetzung bei der Arbeit mit Planungsstrategien ist ein entsprechendes Customizing der Bedarfsklassen in SAP, sodass sowohl die Kundenauftragsbedarfsklasse/-art dynamisch zur im Material hinterlegten Strategiegruppe ausgewählt wird und gleichzeitig die Bedarfsklasse/-art des Planprimärbedarfs als auch Bedarfsklasse/-art des Kundenbedarfs zueinander passen. In den SAP Best Practice-Customizing-Einstellungen kann folgende tabellarische Darstellung dazu verwendet werden, um die Zuordnung der Bedarfsklassen/-arten zu identifizieren und Planprimärbedarfe entsprechend anzulegen.

Abbildung 5: Bedarfsart/-klasse der Strategiegruppen

Arbeiten mit Planprimärbedarfen

Nachdem nun alle relevanten (vom User zu pflegenden) Stammdaten für die ersten Schritte der Programmplanung definiert worden sind, ist der nächste Schritt das Arbeiten mit den Planprimärbedarfen sowie deren Auswirkungen in der Bedarfs-/Bestandsübersicht im ERP. Als Beispiel wird hierbei ein auf Lager gefertigtes Material verwendet, das mit konkreten Kundenaufträgen verrechnet werden soll (Planungsstrategie 40).

Pflege / Analyse von Planprimärbedarfen

Den Startpunkt stellt die Fiori-Transaktion „Planprimärbedarfe pflegen“ dar, worüber die Möglichkeit besteht, zu dem Material die entsprechenden Vorplanbedarfe in SAP zu hinterlegen. In der einfachsten Ausprägung gibt es hierzu drei verschiedene Möglichkeiten:

  • per Upload einer CSV-Datei mit dem hinterlegten Bedarf
  • manuell eine Massenpflege in der Transaktion
  • eine manuelle Pflege der einzelnen Planungszeiträume

Abhängig vom verwendeten Periodenkennzeichen wird in der Regel mit wöchentlichen oder monatlichen Bedarfen geplant, diese können in aktiven oder inaktiven Versionen erfasst werden. Dabei werden aktive Versionen operativ bedarfswirksam und inaktive Versionen können für simulative Planungen verwendet werden.

Abbildung 6: Fiori-Applikation „Planprimärbedarfe pflegen" - Einstieg

Im Gegensatz zu den bisherigen GUI-Transaktionen MD61 (Anlegen Planprimärbedarf) & MD62 (Ändern Planprimärbedarf) sowie der zugeordneten Analyse-Transaktion MD73 zur Darstellung der Verrechnungen der Planprimärbedarfe inkludiert die neue Fiori-Transaktion viele der Funktionen in einer einzigen übersichtlichen Transaktion.

Zusätzlich zur Pflege der Planprimärbedarfe in den jeweiligen Perioden wird auf Basis der bestehenden Kundenaufträge (Verkaufsmenge), die für die Verrechnung herangezogen wurden, eine Prognose angefertigt, um zukünftige Planprimärbedarfe (PPB) in der Genauigkeit zu optimieren. Der PPB kann sowohl tabellarisch wie auch grafisch dargestellt werden.

Abbildung 7: Fiori-Applikation „Planprimärbedarfe pflegen" – Bearbeiten von Bedarfsperioden

Abbildung 8: Fiori-Applikation „Planprimärbedarfe pflegen" – Darstellung von Bedarfsperioden

Darstellung der Planprimärbedarfe in der Bedarfsübersicht

Sind nun die PPB in SAP gepflegt, werden diese bei korrekter Pflege der Stammdaten direkt in der Bedarfs-/Bestandsliste bzw. der neuen Fiori-Applikation „Materialdeckung bearbeiten“ dargestellt und lösen abhängig von der verwendeten Planungsstrategie auch eigene Bedarfe aus.

In diesem Beispiel ist auch die Verrechnung des Kundenauftrags ersichtlich, da der VSF für den Mai 2022 von 50 Stück auf 30 Stück reduziert wurde.

Übersteigen Kundenaufträge die verfügbaren Vorplanbedarfe, so verschwinden die Vorplanbedarfe aus der Übersicht und ausschließlich die Kundenaufträge in diesem Zeitraum sind tongebend. Ausgelöst durch den MRP, wird damit unter Berücksichtigung der Vorplanbedarfe und Kundenaufträge entsprechend eine Materialdeckung gewährleistet - unabhängig davon, ob bereits ein Kundenauftrag oder nur ein Vorplanbedarf in SAP vorhanden ist.

Ausgelöste Planaufträge verfolgen danach unabhängig vom Bedarfsverursacher die entsprechenden Logiken der Materialbedarfsplanung und lösen für die darunter liegenden Fertigungsstufen beispielsweise Sekundärbedarfe aus, die wiederum in Planaufträgen oder Bestellanforderungen der Bauteile oder Rohstoffe mündet, womit sich der Kreis schließt.

Abbildung 9: Fiori-Applikation „Materialdeckung bearbeiten" – Darstellung Vorplanbedarfe VSF & Verrechnung mit Kundenauftrag

Reorganisation von Planprimärbedarfen

Sollte es zu dem Fall kommen, dass Planprimärbedarfe nicht durch Kundenaufträge gedeckt werden, weil zu viel geplant wurde, wird es über kurz oder lang zu dem Zustand kommen, dass der Vorplanbedarf nicht mehr im Horizont der neu angelegten Kundenaufträge erscheint und damit nicht verrechnet werden kann. Dieser Planprimärbedarf würde dadurch zu einem Bedarfsverursacher werden, der nie einem konkreten Kundenauftrag entspricht.

Um diesen zusätzlichen Bedarf auszugleichen, gilt es in regelmäßigen Abständen die Planprimärbedarfe auf den Wert der realen Verkaufsmengen zu reduzieren. Dazu bietet die SAP über die Fiori-Applikation „PPB-Reorganisationsläufe einplanen“ eine Funktion an, um in einem Hintergrundjob alte PPBs bis zu einem bestimmten Stichdatum auf die konkrete Verkaufsmenge zu reduzieren.

Abbildung 10: Fiori-Applikation „PPB-Reorganisationsläufe einplanen"

Fazit

Wie in diesem Blog ersichtlich wurde, ist die Programmplanung in SAP kein Hexenwerk. In der Grundausprägung ist die Programmplanung mit überschaubaren Mitteln konfiguriert und bietet abhängig von den betriebswirtschaftlichen Prozessen viele Optionen, um diese zu optimieren. Iterativ angewandt kann die Programmplanung auch in einzelnen Materialien aktiviert werden, um dort bereits erste Erfahrungen im eigenen SAP-System zu sammeln.

Stand: 18. August 2022
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